Freitag, 14. Oktober 2016

50 Essential Punk Songs of the 90s - Part 3 (21 - 30)

 

Wie wurde aus Hardcore ein eigenes Genre? Ähnlich wie beim frühen Gothic Ende der späten 70er handelte es sich bei Hardcore zunächst eigentlich um eine Spielart des Punk. Um ein Subgenre namens Hardcore Punk oder American Hardcore. Doch während Joy Division, Siouxsie and the Banshees oder The Cure im Londoner Kreis um die Sex Pistols ihre dunkle und tendenziell eher feminine Seite entdeckten, war es beim Hardcore eher eine maskuline aber auch tendenziell positivere Attitüde, die überall in den USA Einzug in den Punk Rock fand.


Teil 3: Die Plätze 21 - 30



21. Agnostic Front (US) - Gotta Go (1998)

Aber wann wurde nun eigentlich aus Hardcore Punk eine eigene Musikrichtung namens Hardcore? So genau kann das wohl keiner sagen. Schon Anfang der 80er wurde Punk in den USA in weiten Teilen der Szene grundlegend anders verstanden und gelebt als der eher nihilistische UK Anarcho Punk, der auf Krawall und Schock aus war.

Während die Sex Pistols mit Hakenkreuz-T-Shirt, "Anarchy in the UK" und Bildern der Queen die Nachkriegsgesellschaft Englands aus der Reserve locken wollten, sich aber ansonsten eher für Alkohol, Drogenexzesse, Selbstdarstellung und auch Selbstzerstörung interessierten, fingen einige Bands in den USA, vor allem in der zweiten Welle des Punk, an sich für andere Werte zu Interessieren.

Man trug eher kurze Haare, T-Shirt, Jeans und Vans anstelle von Liberty Spikes, Nieten, Lederjacke und Springerstiefeln. Zum Thema Punk-Look empfehle ich auch einen Blick auf alte Auftritte der Beastie Boys, die vor ihrem Durchbruchalbum "Lincensed To Ill" noch astreinen American Hardcore machten. In den Texten ging es plötzlich um die Überwindung eigener Unzulänglichkeiten, Politik und sogar gesunden Lebensstil. Man beschäftigte sich mit Sexismus, Kapitalismus, Krieg und mit der Gesellschaft. Sich selbst zu verändern und damit die Welt ein Stück weit besser zu machen schien wieder sinnvoll und möglich. Ein Thema wurde sogar sich zu bilden - siehe "Milo goes to College" von den Descendents.

Sie folgten damit eher dem Vorbild von The Clash (zugegebener Maßen auch aus dem UK), Black Flag und der Dead Kennedys. So entstanden Look und Attitüde des American Hardcore.

Hinzu kam ein neuer Einfluss in der Musik, als sich nämlich plötzlich Metal Kids für Punk und Punks für Metal interessierten. Thrash Metal sorgte dafür, dass auch zu Zeiten von Glam Metal ein Teil der Metal-Szene Underground blieb. Bands wie Metallica, Anthrax und Slayer aber auch Sodom aus Deutschland (siehe u.a. "Ausgebombt" mit Bela B. von Die Ärzte) kombinierten plötzlich harten Metal mit schnellem Punk. Dies hatte wiederum Einfluss auf American Hardcore Bands, die Metallischer wurden. Ein gutes Beispiel für die Melange aus Punk und Metal stellt Peter Steele dar. Der Sänger der Gothic Metal Band Type O Negative sang vorher u.a. in der Thrash Metal Band Carnivore und schrieb in dieser Zeit auch Songs für Agnostic Front. Später nahm er dann einen Song mit der NYHC Legende Biohazard auf. Dass Punk und Metal weiterhin Freunde sind zeigten gerade erst wieder die Berliner Thrash Metal Band Space Chaser und der Münsteraner Punk Rocker Ingo Donot (Donots) mit ihrem gemeinsamen Song.

So und nach dieser kurzen Einführung sind wir auch schon bei der Band gelandet, um die es hier geht. Allgemein werden die Jungs aus Brooklyn dem Genre "Crossover Thrash" zugeordnet, aber als Hardcore Band bezeichnet. Dies heißt nichts anderes, als das die 1980 gegründeten Agnostic Front Hardcore Punk mit Thrash Metal, Oi und modernem Hardcore kombinieren bzw. im Laufe der Zeit kombinierten.

In jungen Jahren gehörten Agnostic Front zu den frühen Skinheads der USA, spielten Hardcore Punk und waren Teil der Punk Szene der Ostküste. In den 80ern spielte man Shows mit anderen Vertretern des Genres wie The Exploited, Cro-Mags oder Murphy's Law. Ende der 80er / Anfang der 90er schließlich entstand eine eigenständige Szene von New Yorker Bands, der vor allem Madball, Sick Of It All und Biohazard angehörten. Heute ist sie unter dem Namen New York Hardcore - kurz NYHC - bekannt und auch Agnostic Front gehören zu ihren ersten Vertretern. 1992 war allerdings erst einmal Schluss mit AF.

Als die Band 1996/97 zurück kam und einen Vertrag bei Epitaph Records unterschrieb, frönte man zunächst dem puren amerikansichen Hardcore Punk. So ist auf dem 1998er Album "Something's Gotta Give" auch eine ihrer bekanntesten Hymnen vertreten: "Gotta Go". Ein Gassenhauer, der auch heute noch auf keiner Alternative Party fehlen darf. Background Vocals auf dem Album kamen übrigens von Tim und Lars von Rancid sowie von Jimmy Gestapo von Murphy's Law.

Auch wenn sich Agnostic Front später wieder mehr und mehr dem metallischeren Hardcore Sound à la Hatebreed hingaben, zögere ich nicht "Gotta Go" als Punk Klassiker der 90er zu deklarieren.



22. Sick Of It All (US) - Just Look Around (1992)

Nachdem ich nun hinlänglich und ausschweifend die Geschichte der Transformation von Punk zu Hardcore Punk zu Hardcore dargelegt habe, kommen wir jetzt ohne weitere Umschweife zu einer Band, die wohl von Anfang an als Hardcore Band gegründet wurde. Denn 1986 existierte dieser Begriff bereits. Somit dürften Sick Of It All aus Queens zu den ersten reinen Vertretern dieses Genres zählen. Dennoch betone ich noch einmal die geschichtliche Verbundenheit der Genres Hardcore und Punk, die eigentlich (fast) nicht zu trennen sind. Unterstrichen wird dies meiner Meinung auch dadurch, dass SOIA von 1998 bis 2004 beim Punk Label Fat Wreck Chords gesigned waren und dort drei Alben veröffentlichen.

Der hier vorgestellte Song allerdings ist noch ein paar Jahre älter und setzte das erste Ausrufezeichen der Band. "Just Look Around" vom gleichnamigen zweiten Album von Sick Of It All dürfte einer der ersten NYHC Songs sein, die regelmäßig auf MTV gespielt wurden. Gleichzeitig rief das Album das Majorlabel "East West Records" (Atlantic) auf den Plan, welches die nächsten beiden Alben der Band um die Brüder Lou und Pete Koller veröffentlichte. So wurden Sick Of It All eine bekannte Band, die den Namen NYHC um die Welt trug und bis heute Alben veröffentlicht und vor allen durch ihre energetischen Liveauftritte überzeugt.

Den Einfluss, den diese legendäre Band hat, zeigt auch das 2007 entstandene Tribute-Album "Our Impact Will Be Felt" auf dem teilweise nicht minder legendäre und teilweise damals noch recht junge Bands aus den Bereich Hardcore, Metal und Punk vertreten sind. Mit Bane, Bleeding Through, The Bouncing Souls, Ignite, Comeback Kid, Hatebreed, Madball, Napalm Death, Pennywise, Rise Against, Sepultura, The Suicide Machines, Unearth und Walls of Jericho u.a liest sich die Zusammenstellung doch recht eindrucksvoll.

Just Look Around war übrigens auch der erste Song, den ich von SOIA gehört habe - allerdings nicht 1992 sondern eher um 2000 herum. Und ein nette Anekdote zu SOIA habe ich auch noch auf Lager. Vor vielen Jahren war ich mit meiner Mutter auf einem Trödelmarkt und entdeckte einen Hoodie von SOIA, den ich bis heute besitze. Die bereits etwas ältere Verkäuferin pries ihn mit den Worten "der ist sehr authentisch" an - da musste ich ihn natürlich direkt für 5 DM kaufen, obwohl ich nicht viel mehr von der Band wusste, als dass sie eine alte NYHC Legende mit coolem Logo sind ...

Apropos Logo - wenn ihr mal in Berlin eines der bekannten Punk Rock Restaurants "I Due Forni", "Casolare" oder "Giradischi" besucht, bestellt euch einen Kaffee und achtet auf das SOIA Logo auf den Zuckertütchen.




23. Refused (SE) - New Noise (1998)

Diese Liste nach Relevanz zu sortieren habe ich bereits nach den Top 10 aufgegeben. Wer kann schon sagen ob NOFX oder Rancid mit Song AB oder XY mehr Relevanz hatten? Das ist unmöglich. Und so ist es natürlich auch mit Refused, die mit nur einem Song ein ganzes Genre geprägt und der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Ach ja, wie nennen wir das Genre eigentlich? Noise Core? Post-Hardcore? Thrashcore? Hardcore Thrash? Experimental Hardcore?
Und nebenbei haben sie noch politische Themen zurück zum Hardcore Punk gebracht, die die großen American Hardcore Bands in den 80ern quasi serienmäßig eingebaut hatten, die in den 90ern aber ein wenig vergessen schienen.

Aber zurück zum Anfang. 1991 startete der Vierer aus Umeå noch als klassische Straight Edge Hardcore Band mit persönlichen Texten und begann schon ab 1992 mit dem Veröffentlichen von ersten Demos und EPs. Schnell wendete man sich Gesellschafts- und Sozialkritischen Texten zu und wurde 1993 von Burning Heart Records entdeckt. Es folgten weitere EPs sowie die ersten zwei Alben. Alles ging seinen normalen Gang und die Band machte sich einen Namen in der Europäischen Hardcore Punk Szene.
Bis ... ja bis das Jahr 1998 kam. Burning Heart hatte bereits einige Jahre vorher einen Vertriebsvertrag mit Epitaph geschlossen, der dazu führte, dass Platten von Bands wie Millencolin oder The Hives auch außerhalb Europas und vor allem in den USA verkauft wurden.
Refused begaben sich ins Studio und nahmen ein Album auf, das unter vielen (ja sehr vielen) Kritikern und Fans als eines der besten und wegweisendsten Hardcore Punk Alben der 90er gilt. "The Shape of Punk to Come: A Chimerical Bombination in 12 Bursts" wurde vom Britischen Kerrang! Magazine sogar auf Platz #13 der "50 Most Influential Albums of All Time"-Liste gewählt.

Das Album war vollgestopft mit politischen Botschaften und Samples (z.B. Col. Kurtzs Monolog aus "Apocalypse Now"). Außerdem war es für Burning-Heart-Verhältnisse eher hart und beinhaltete gleichzeitig Elektro- und Jazz-Einflüsse. Kurzum, es war kantig, schwierig, laut, rau und ... erfolgreich. Allein 180.000 verkaufte Einheiten in den USA sind keine Selbstverständlichkeit für eine derartige Band. Plötzlich waren Refused in aller Munde und jeder Besitzer eines Skateboards und mit Aufnähern auf dem Rucksack - gleich welchen Genres - sprach plötzlich von diesem magischen Song und seinem Video. In relevanten Musik Magazinen hagelte es zudem ausschließlich positive Bewertungen für das Album.
Es dauerte nicht lange bis "New Noise" in der Heavy Rotation von MTV landete und zum Alternative Hit avancierte. Schnell kamen Zweifel auf, ob dieser mediale Hype mit der linksextremen Gesinnung der Band vereinbar ist. Außerdem gab es bandinterne Spannungen und die 98er Tour war nach eigenen Angaben eine Katastrophe für die Verfassung der Band. Auf ihrer US-Tour wurde schließlich das Konzert in Harrisonburg, Virginia von der Polizei abgebrochen. Daraufhin brach die Band die Tournee ab und löst sich mit sofortiger Wirkung auf.

In der Folgezeit gründete u.a. Dennis Lyxzén die Band The (International) Noise Conspiracy und distanzierte sich vollständig von Gerüchten über eine Reunion von Refused. Untermauert wurde das Statement noch durch den Titel der Doku über die Band "Refused Are Fucking Dead". Aber gerade das erzeugte einen regelrechten Kult um sie. Bands wie AFI, Rise Against, La Dispute oder letlive. nennen die Schweden einen ihrer Haupteinflüsse. The Used, Anthrax, Crazy Town und viele andere haben "New Noise" immer wieder live gecovert - Anthrax haben sogar eine Studioversion auf dem Album "Worship Music" veröffentlicht. Außerdem war der Song u.a. im Film "Crank", den Serien "24", "Rage", "Criminal Minds", der Extremsport Reihe "Nitro Circus" sowie dem Videospiel "Tony Hawk's Underground" zu hören.

2012 kam es wie es kommen musste. Refused gaben bekannt beim Coachella Festival in Kalifornien ihre Reunion zu feiern (so wie es 2016 dann ebenfalls bei Guns N Roses war) und haben inzwischen sogar ein Comeback Album veröffentlicht (so wie es bei Guns N Roses wohl nicht sein wird).



24. Guttermouth (US) - Whiskey (1995)

Guttermouth! Gemeinsam mit Voodoo Glowskulls sind sie die erste und leider bisher einzige Band, die ich in Kalifornien und wenn ich so recht darüber nachdenke generell in den USA live gesehen habe. The B52's habe ich nämlich beim Jazz Festival in Montreal gesehen - aber das ist eine andere Geschichte...

Wie auch immer. Ich liebe diese kalifornische Band und habe das Erlebnis extrem gefeiert sie ausgerechnet in Kalifornien im bekannten Blank Club in San José vor ca. 100 - 200 Leuten zu sehen. Woohoo!

So und nun genug über mich. Zur Band: 
Ich liebe Guttermouth. "Entdeckt" habe ich sie zwar erst Anfang der 2000er mit den Songs "She's Got The Look" und "I'm Destroying The World" sowie dem Album "Gusto", das ich durch Zufall mal billig irgendwo gekauft habe. Aber zu dem Zeitpunkt hatte die Band bereits 5 Alben und deswegen musste sie einfach in die Liste.

Ich habe mich also durch die bewegte Geschichte von Guttermouth gewühlt, die bereits 1988 beginnt und einige großartige Songs zu Tage gefördert.

Inspiriert durch OC Bands wie The Adolescents, The Vandals, Social Distortion, Black Flag, Descendents und Bad Religion spielten die einzelnen Mitglieder bereits seit den frühen 80ern in verschiedenen Bands und wie gesagt seit 1988 unter dem Namen Guttermouth vornehmlich in Huntington Beach, LA und Orange County. Schnell erspielten sie sich eine Fangemeinde und wurden vom Label / Plattenladen "Dr. Strange" entdeckt. Das Label veröffentlichte und verkaufte das erste Album im Jahr 1991 und Guttermouth erreichten durch ein Musikvideo (für "1, 2, 3 ... Slam!") und viele Liveauftritte lokale Bekanntheit in Südkalifornien. U.a. spielten sie gemeinsame Konzerte mit The Vandals und The Offspring, was wiederum dazu führte, dass The Offspring die Band auf Nitro Records nahm. Auf Nitro erschienen in der Folgezeit 4 Alben bis Guttermouth zu Epitaph, Volcom Entertainment und zuletzt Rude Records weiterzogen.

1995 nahmen Guttermouth ihr bis dahin poppigstes Album "Teri Yakimoto" auf, welches in den Billboard Heatseakers Charts bis auf Platz #33 kletterte. Die Single zum Album war "Whiskey" und das Video ist allein schon wegen dem WIZO T-Shirt, das Sänger Mark trägt, ein Hit. Und man, wie ich den Humor von Mark liebe!



25. Anti-Flag (US) - You've Gotta Die for the Government (1996)

Anti-Flag aus Pittsburgh, Pennsylvania ist eine, nein DIE Politpunk-Band der USA. Keine Band in den Staaten ist so unverblümt sozialistisch und Anti-Amerikanisch wie die Jungs um Justin "Justin Sane" Geever und Patrick "Pat Thetic" Bollinger. Irgendwie ist es doch Ironie des Schicksals, dass sie gerade mit dieser Attitüde und Plattennamen wie "North America Sucks", "Their System Doesn't Work For You", "For Blood and Empire" oder "The Terror State" zu einem der Aushängeschilder der Nordamerikanischen Punk Szene mit weltweiter Bekanntheit gelangt sind.

Los ging alles angeblich auf einer Reise die Pat und Justin 1993 durch Kalifornien unternahmen und sie mitten in die aufblühende neue Punk-Szene führte in der die Bands von Epitaph, Fat Wreck usw. sich gerade anschickten MTV und wenig später die ganze Welt zu erobern. Zurück in Pennsylvania gründeten die beiden Anti-Flag und nahmen eine erste E.P. und ein Split-Album (mit The Bad Genes) auf.
Bis zum Debütalbum "Die for the Government" auf dem der Song "You've Gotta Die for the Government" enthalten war, der später so etwas wie ihre Hymne wurde, dauerte es dann allerdings noch bis 1996.

2001 schließlich kam der Durchbruch mit dem Album Underground Network (auf Fat Wreck Chords), der zu gemeinsamen Touren und Shows mit Größen wie Millencolin, Billy Talent und Rage Against The Machine führte und u.a. RCA Records (Sony Music Entertainment) auf sie aufmerksam machte. Auf RCA erschienen zwei ihrer Alben und sie konnten sich endgültig im Punk-Mainstream platzieren, allerdings ohne ihre Antikapitalistische Grundeinstellung zu verlieren. Und so sind sie bis heute unermüdlich auf der ganzen Welt unterwegs und verbreiten ihre Message. Gegen Krieg, gegen Kapitalismus, gegen Nationalismus und für einen veganen Lebensstil. Zu ihren ständigen Wegbegleitern wurden übrigens die befreundeten Bands Rise Against und Billy Talent, nicht unbedingt der schlechteste Umgang ...



26. H2O (US) - One Life One Chance (1999)

Roger Miret von Agnostic Front soll mal gesagt haben "Never trust a hardcore kid that has not listened to punk". Wenn man das einer Person aus dem NYHC Universum nicht vorwerfen kann, dann ist es ganz sicher Toby Morse von H2O. In den 80ern durch Ramones, Minor Threat, Gorilla Biscuits und Descendents geprägt landete er Anfang der Neunziger in der Hardcore Szene von New York und wurde Roadie von Sick Of It All, zu denen er bei Zugaben auf die Bühne durfte um sie am Gesang zu unterstützen. 1994 gründete er mit Rusty Pistachio und seinem Bruder Todd Morse schließlich seine eigene Band und veröffentlichte 1996 das selbstbetitelte Debütalbum von H2O. Es folgten Auftritte als Support von u.a. Rancid, No Doubt, Shelter, Misfits, Pennywise, The Bouncing Souls, Dog Eat Dog, Sick Of It All sowie die Teilnahme an den Vans Warped Touren 1998 und 1999. Folgerichtig erschien bereits Album Nummer 2 "Thicker Than Water" 1997 auf Epitaph Records.
Für das dritte Album schließlich nahm sich Mr. Brett Gurewitz von Bad Religion persönlich der Band an und produzierte "F.T.T.W." mit dem Hit "One Life One Chance". Dieser Song prägt seit dem wie kein anderer das Leben, die Attitüde und den Lifestyle der Band und besonders von Toby Morse. Eine ganze Bewegung mit dem Namen OLOC entstand. Bis heute ist Toby Morse an Schulen unterwegs um vor den Gefahren von Drogen und Alkohol zu warnen und zu beweisen, dass man auch ohne Betäubungsmittel eine coole Sau sein kann. Schließlich hat Toby laut eigener Aussage in seinem ganzen Leben noch keines von beidem konsumiert. Berühmtester Anhänger ist der inzwischen ebenfalls trockene Travis Barker, der sich ein "One Life One Chance"-Tattoo auf dem Kopf stechen ließ.

Durch den Erfolg von "F.T.T.W." wurde das Major Label MCA Records (inzwischen Universal Music Group) - auf dem auch blink-182 zu der Zeit waren - auf sie aufmerksam und so erschien ihr nächstes Album unter der Regie von Matt Wallace (Faith No More, Replacements, Maroon 5). Neue Chancen eröffneten sich für die Band und so tourten sie in der Folgezeit nicht nur mit Blink-182, Good Charlotte, New Found Glory, Face to Face, Sum 41 und Box Car Racer sondern durften auch noch in der Show von Conan O'Brien auftreten. Ihre Mischung aus klassischem 80er American Hardcore und (damals) modernem 90er Skate Punk machte sie neben Ignite zu den wichtigsten Vertretern des Melodic Hardcore. Also zu einer Band, die eingängige Melodien irgendwo zwischen Skate und Pop Punk mit klaren Gesängen verbindet, sich selber aber als Hardcore Band versteht.

Heute sind H2O trotzdem weit vom allgemeinen Mainstream entfernt. Dennoch gehören sie zu den erfolgreichsten und sympathischsten Vertretern den NYHC - auch wenn sie inzwischen nach Los Angeles umgezogen sind. Und so touren sie weiterhin durch die Welt und haben 2015 sogar ihr erstes Studioalbum mit eigenen Songs seit 7 Jahren veröffentlicht.

H-2-O-GO!



27. MxPx (US) - Chick Magnet (1996)

MxPx waren in den späten 90ern und frühen 2000ern mal eine ziemlich große Nummer und haben bis heute für eine christliche Punk Band einen ganz außergewöhnlichen Stellenwert bis hin zum Kultstatus bei Punk Fans und Genre Kollegen (siehe Beispielsweise das MxPx-Tattoo von NFGs Jordan Pundik). Sänger Mike Herrera und seine häufiger wechselnden Bandkollegen sind dadurch bis heute stetig auf Tour, auch wenn sie in Radio und Fernsehen fast keine Relevanz mehr haben.

1992 ging es unter dem Namen "Magnified Plaid" kurz M.P. los. Und weil Punx und Hardcore Kids alles gerne mit X schreiben wurde schließlich aus M.P. MxPx. Zwischen 1994 und 1996 erschienen drei Alben auf Tooth & Nail, von denen 2 sich in den Christlichen Rock Charts platzieren konnten. Und damals hatten die Text auch teilweise tatsächlich noch christlichen Bezug. Auf Album Nummer 3 "Life in General" befand sich dann übrigens auch der erste Hit der Band namens "Chick Magnet", der MxPx schließlich zum Major Label A&M brachte. Dort erschien 1998 mit "Slowly Going the Way of the Buffalo" schließlich das erste MxPx Album, das sich in den US Top 200 Albumcharts platzieren konnte (Platz 99) und Gold Status erreichte.

Inzwischen kommen die Jungs auf 11 Alben, 7 EPs und diverse Compilations und Live-Alben.

Mike hat sich übrigens 2015 vom Christentum distanziert und klar zu Ausdruck gebracht, dass er dieser Religion nicht mehr angehört... dann hätten wir das auch geklärt.



28. No Fun At All (SE) - Vision (1993)

Punk Rock aus Schweden, das war schon eine große Sache. Natürlich stehen die meisten Bands im Schatten der Überbands Refused und Millencolin. Aber es lohnt sich definitiv auch einen Blick darauf zu werfen, was Burning Heart Records sonst so veröffentlicht haben...
Neben anderen Schwedischen Bands wie Satanic Surfers, The Hives, The (International) Noise Conspiracy, Raised Fist, Randy, Moneybrother, Bombshell Rocks, The Peepshows und 59 Times The Pain denke ich da natürlich auch und vor allem an No Fun At All.

Sicher kann man NFAA vom Erfolg her in keinster Weise mit Millencolin und Refused vergleichen, aber dennoch hat die Band einen festen Platz in der Skatepunk-Welt der 90er. 1991 in Skinnskatteberg gegründet, benannte sich die Band nach dem Song "No Fun" von The Stooges (und gecovert von den Sex Pistols) sowie der legendären NYHC-Band Sick Of It All.

Schon im ersten Jahr des Bestehens veröffentlichte die Band ihr erstes Demo und wurde kurze Zeit später von Burning Heart entdeckt. Auf Burning Heart Records begann dann auch schon 1993 die Erfolgsgeschichte der Band mit der ersten EP "Vision". Die Platte erschien zunächst in einer Auflage von 1.000 Stück, musste auf Grund der hohen Nachfrage aber schnell nachgepresst werden und verkaufte sich schließlich 25.000-mal, was für eine kleine Underground Band aus der Schwedischen Provinz ein kolossaler Erfolg war. Zumal der Sound auf dieser ersten EP noch eher Hardcore Punk als Skate Punk wie bei den späteren Releases bzw. melancholischer Alternative-Punk wie beim letzten Album vor dem Split war.

Bis zur Auflösung im Jahr 2000 folgten noch 4 weitere EPs (die auf der CD "EP's Going Steady" zusammengefasst wurden) sowie 4 Alben. 2001 kam dann noch ein Best-Of hinzu und die Band brachte es auf beachtliche 250.000 verkaufte Platten.

Bereits seit 2004 spielen NFAA übrigens wieder Shows und haben 2008 sogar ein neues Album namens "Low Rider" veröffentlich. Es lohnt sich in jedem Fall die Band auszuchecken und hier könnt ihr starten:



29. Suicidal Tendencies (US) - Cyco Vision (1999)

Da wir uns ja jetzt schon mit Hardcore, Hardcore Punk, Skate Punk und sogar Thrash Metal beschäftigt haben, kommen wir auch endlich zu der Band, die nicht nur alle genannten Genres schon abgedeckt hat, sondern auch noch höchstpersönlich als Urvater von einem dieser Stile gilt: Suicidal Tendencies. Und das Genre um das es geht ist natürlich Skate Punk!

Los ging alles 1980 in Venice Beach. Und von Anfang an war die Band nicht nur in der Hardcore Punk Szene sondern auch im Skateboarding und in lokalen Gangs verwurzelt. Der Bruder von Sänger Mike Muir ist Jim Muir - ein Mitglied der legendären Z-Boys (vor allem bekannt durch  Tony Alva, Stacy Peralta und Jay Adams sowie den Kinofilm und die preisgekrönte Doku), die das heutige Skateboarding begründeten. Ihr Kleidungsstil wiederum lehnte sich an den der lokalen Mexikanisch-Amerikanischen Gangs an und schon früh bildete sich eine eigene Gangkultur um die Band.
Ihr Debütalbum aus dem Jahr 1983 beherbergte den Überhit "Institutionalized" sowie die Skateboard-Hymne "Possessed (to skate)" und war ein astreines Hardcore-Punk-Brett. Songs, Videos und Image brachten der Band nicht nur eine ständig wachsende Fangemeinde, sondern verschaffte ihnen auch Airplay bei MTV - was damals durchaus nicht üblich war für Hardcore Punk Bands.

Mit den folgenden Jahren und Alben probierten sie sich dann auch vor allem im Thrash Metal, Hardcore und Crossover aus. Gemeinsame Touren u.a. mit Metallica, Guns 'n Roses und Rage Against The Machine waren die Folge. So ging es bis ins Jahr 1995 als sich die Band kurzzeitig trennte.

Bereits 1996 kamen sie allerdings wieder zusammen, brauchten aber bis 1999 um ein neues Studioalbum zu veröffentlichen. "Freedumb" war das Ergebnis. Die Songs sind eine Mischung aus dem Hardcore-Skate-Punk ihrer frühen Tage mit dem später hinzugekommenen Thrash Metal und Funk, einem Einfluss den Robert Trujillo (heute Bassist von Metallica) und Mike Muir bereits ab 1989 in die Band brachten. Der bekannteste Song des Albums dürfte "Cyco Vision" sein. Zu finden ist der Track auf dem Soundtrack des ersten Teils der Videospiele-Serie "Tony Hawk's Pro Skater". Außerdem wurde ein ziemlich absurdes Spiel zum Song kreiert. Dabei muss der Spieler für die Länge des Refrains Wein trinken und sich dabei im Kreis drehen. Ich habe es zwar nicht ausprobiert, aber das Spiel soll zu Schwindel, Übelkeit und Brechreiz führen -klingt doch super...



30. Turbonegro (NO) - The Age of Pamparius (1998)

Bereits 1988 in Oslo gegründet zählen Turbonegro Bands wie Black Flag, Aerosmith, Venom, Radio Birdman, Motörhead, The Germs, Circle Jerks, Ramones, Alice Cooper, Negazione und The Stooges zu ihren Haupteinflüssen und kreieren daraus ihre eigene Interpretation von Death Punk. 1998 lösten sie sich nach der Veröffentlichung ihres Klassiker "Apocalypse Dudes" bereits wieder auf.
Zu größerer Bekanntheit gelangte die Band aber eigentlich erst nach 2002 als sie wieder zusammenfanden und u.a. Bam Margera sich vornahm die Band in den USA bekannt zu machen (wie er es schon vorher mit HIM schaffte). Wie aus dem Nichts hatte die Band plötzlich Kultstatus und unzählige Fans wie die Queens Of The Stoneage, Ville Valo von HIM oder Bela B. von Die Ärzte.
Bis 2010 ging es mit ein paar weiteren Alben und unzähligen Skandalen weiter, bis sich schließlich Sänger Hank van Helvete Scientology zuwandte, die Band verließ und Turbonegro sich auflösten. 2011 kamen sie allerdings bereits wieder und haben seit dem Tony Sylvester am Mikro.

Kommen wir zurück zu eingangs erwähntem Klassiker der Band. Keine Frage - "Apocalypse Dudes" ist ein fantastisches Album geworden. "Get It On", "Don't Say Motherfucker, Motherfucker", "Rendezvous with Anus", "Prince of the Rodeo", "Are You Ready (For Some Darkness)" und natürlich "The Age of Pamparious" der Titelsong der MTV Serie "Wildboyz" - von und mit Steve-O und Chris "Partyboy" Pontius - sind nur ein paar ausgewählte Beispiele welche Perlen auf "Apocalypse Dudes" schlummern.

Eigentlich ist es fast unmöglich den besten Song dieser brillanten Platte auszusuchen. Der große Jello Biafra (ex-Dead Kennedys, heute Jello Biafra and the Guantanamo School of Medicine) ließ sich sogar zu folgender Aussage über "Apocalypse Dudes" hinreißen: "the new Turbonegro record is possibly the most important European record ever." Japp ... zur Erinnerung: Bands und Künstler wie The Beatles, The Rolling Stones, Led Zepplin, The Who, Queen, Abba, Sex Pistols, The Clash, Iron Maiden, Judas Priest, The Scorpions, Pink Floyd, The Cure, The Smiths, Deep Purple, David Bowie, Kraftwerk, U2, Depeche Mode, The Police und natürlich Black Sabbath stammen ebenfalls aus Europa. Vielleicht meinte der gute Jello auch Kontinentaleuropa oder er meinte "the most important punk rock record ever" oder er interessiert sich schlichtweg nur für Punk Rock - andererseits gibt es so viele fantastische europäische Punk Bands. Wie auch immer... Huldigt Turbonegro!

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